Neues zum Thema REACH – Situation 6 Monate nach dem Verbot

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

heute haben wir brandneue Infos zum Thema REACH für euch.

Am heutigen Tag fand ein Gespräch zwischen diversen Experten unserer Branche auch unter Beteiligungen diverser Farbhersteller statt. Herausgekommen ist eine Darstellung der Ist Situation gut 6 Monate nach dem Verbot. Diese Darstellung werden wir an die entsprechenden offiziellen Stellen senden um hier die direkten Folgen für die Branche aufzuzeigen.

Wir geben an dieser Stelle nicht auf und kämpfen weiter für unsere bunte Zukunft!

Den Text zum Status könnt ihr euch anliegend anschauen.

Euer DOT e.V.

Hier der Link zum Download des Dokumentes:
Entwurf REACH Tätowierung_AP

 

Und hier der Text:

Die Verfügbarkeit von REACH-konformen Gemischen zur Verwendung in Tätowierungen oder Permanent-Make-up (Tätowierfarben) stellt die Europäische Industrie 6 Monate nach Einführung der Beschränkung in Anhang XVII, REACH weiterhin vor große Herausforderungen. Im Handel sind viele Tätowierfarben nur in sehr geringen Mengen bis gar nicht verfügbar. Der Bedarf an Tätowierfarben für die Europäische Tätowier- und PMU-Branche ist zurzeit nicht gedeckt.

Der Versorgungsengpass begründet sich insbesondere in einer fehlenden technischen Machbarkeit einiger Vorgaben sowie an einer fehlenden Planungssicherheit auf Grund EU-weit inkohärenter Vollzugsaktivitäten. Daher sehen wir dringend den Bedarf einer deutlich besser abgestimmten Implementierung der Beschränkungsanforderungen insbesondere in folgenden Bereichen:

  1. Grenzwertproblematik

Die nachfolgende Tabelle vergleicht die aktuellen Grenzwerte der EU-Beschränkung mit Grenzwerten, die in Australien heuer neu festgelegt wurden. Die australischen Grenzwerte entsprechen hiermit dem aktuellen Stand der Technik, hingegen wurden die EU-Grenzwerte unterhalb der technischen Machbarkeit festgelegt.

Weiters wird im aktuellen Gesetzesvorschlag in UK (Annex 15 Restriction Report Proposal of UK) kein Verbot des Pigmentes Blue 15 gefordert. Dies kann als weiterer Beleg gewertet werden, dass die Regelung der EU überschießend ist.

Die EU-Grenzwerte für Arsen, Blei, Kobalt sowie Acet- und Formaldehyde sind selbst bei Verwendung von Rohstoffen in pharmazeutischer Qualität technisch nicht prozesssicher einzuhalten. Somit ist die Einhaltung dieser Grenzwerte selbst bei Einsatz der reinsten verfügbaren Rohstoffe, eben in pharmazeutischer Qualität, technisch nicht machbar. Dies gilt insbesondere bei Durchführung einer Sterilisation der Tätowierfarben, die aus Gesichtspunkten der Konsumentensicherheit unabdingbar ist. Alle etablierten Sterilisationsmethoden führen durch unvermeidbare chemische Abläufe zu signifikanter Aldehyd-Entstehung aufgrund von Energieeintrag (Licht / Wärme / Strahlung).

Wie bereits während der Entstehung der EU-Beschränkung mehrmals der ECHA berichtet wurde, gibt es für das Pigment Blue 15 momentan keine Alternative. Zudem besteht keine Evidenz bezüglich eines kritischen Effektes dieses Pigmentes in Tätowierfarben. Folgerichtig wird UK auf eine Beschränkung dieses Pigmentes in Tätowierfarben verzichten. Es wäre damit gerechtfertigt, dass die EU hier nachzieht bzw. zumindest eine Überprüfung der Beschränkung einleitet.

  1. Probleme im Vollzug der behördlichen Kontrollen

Derzeit werden erhebliche Probleme aufgrund der Inkohärenz in der durch Behörden eingesetzten Analytik beobachtet. So haben beispielsweise Norwegen und Schweden RAPEX-Meldungen initiiert, die auf Grundlage von Daten aus Vollaufschluss-Analytik für Kupfer basieren. Im Gegensatz legt die EU-Beschränkung fest, dass „lösliches“ Kupfer zu betrachten ist. Des Weiteren hängt die Bestimmung des Aldehyde Gehaltes davon ab, wie viel Zeit nach der Probenaufbereitung gemessen wird.

 

Unklarheit besteht ebenfalls darüber, welche Standarddefinition bei der Analytik von Stoffen, die bei Standardtemperatur und Standarddruck gasförmig sind, angewendet werden sollte. So sind beispielsweise die Standardbedingungen in der Biochemie mit 25°Celsius und 1 bar Luftdruck andere als in der Medizin mit 37° Celsius und dem tatsächlichen Luftdruck“. Dies führt ebenfalls zu teils erheblichen Abweichungen analytischer Testungen durch Hersteller und Behörden.

Ein weiteres Problemfeld sind Kontrollen der Etiketten. Beispielsweise wird von einigen Kontrollorganen verlangt, dass auf den Etiketten von Tätowierfarben der Hinweis „REACH-Konform“ enthalten sein muss. Die EU-Beschränkung kennt ein solches Kriterium nicht, was in Folge dazu führt, dass Vollzugsbehörden anderer Mitgliedsländer dies als fehlerhaft bemängeln. Dies führte in einigen Fällen bereits zur behördlich angeordneten Entsorgung von Tätowierfarben, die an sich einwandfrei waren.

Hiermit führt die Inkohärenz im Vollzug zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten zu Wettbewerbsverzerrungen und Intransparenz, welche Produkte rechtskonform sind. Die Planungssicherheit für Hersteller bzw. Inverkehrbringer ist nicht gegeben. Das trägt zusätzlich zu Versorgungsengpässen bei.

Wir sind der Ansicht, dass konkrete Schritte für eine Harmonisierung des Vollzugs rasch erfolgen müssen. Hilfreich wären beispielsweise Leitlinien für komplexe Themen wie Kennzeichnung und Grenzwert-Analytik. Zu diesem Zwecke stellen wir gerne unsere Erfahrungen bzw. konkrete Praxisbeispiele zur Verfügung.