Interview Dr. Mark Benecke und Dr. med. Klaus Hoffmann

Tattoos und Allergien. Immer öfter hören wir die Frage „Kann man auf ein Tattoo allergisch reagieren?“.
Es wird fleißig gewarnt, auch vor anderen Komplikationen. Aber, wovor genau müssen wir, Tattoofans, denn nun Angst haben?
Wir haben mal nachgefragt.

Dr. Klaus Hoffmann ist seit über 30 Jahren für eine der größten Hautkliniken weltweit in leitender Funktion tätig. Dabei dürfte er rund 5.000 Menschen mit Tattoos gesehen haben, gerade mal 20 von Ihnen hatten „echte“ Komplikationen, wie z.B. eine Allergie. Folgend ein Interview mit ihm.

Dr. Mark Benecke:
Lieber Klaus, Du bist leitender Arzt einer der größten Universitätshautkliniken der  Welt, was sagst Du zum aktuellen Test bei Stiftung Warentest ?

Dr. med. Klaus Hoffmann:
Vom Grundsatz her ist es eindeutig zu begrüßen, dass Tätowierfarben überprüft werden. Ich denke jedem in der Szene ist klar, dass Sauberkeit und Reinheit das oberste Gebot sein müssen. Es ist gut, dass Farbhersteller überprüft werden, um Verunreinigungen aufzudecken. Auf der anderen Seite ist es mittlerweile ein Hobby der Testinstitute geworden,  auch auf kleinsten Verunreinigungen herumzureiten. Halten wir uns an alle Empfehlungen können wir kein Mineralwasser mehr trinken, zumindest nicht ohne Bedenken. Pilze, Gemüse, Obst sind dann auch gefährlich, da möglicherweise behandelt. Für mich ist es so, dass das Leben ein gewisses Grundrisiko inne hat. 100 % wird man nie alle Risiken ausschließen können.

Dr. Mark Benecke:
Nun haben aber die Tester auf bestimmte allergieauslösende Farben in den Stoffen hingewiesen. Was sagst Du denn dazu?

Dr. med. Klaus Hoffmann:
Vom Grundsatz her ist es so, dass Allergien und Unverträglichkeiten bei Tätowierungen überaus selten sind. Wir haben eine sehr große Hautklinik, wir sehen natürlich Unverträglichkeiten, Allergien und Abwehrreaktionen bei  Tätowierungen, aber dies ist extrem selten.
Wenn die Zahlen stimmen, die die GfK im Auftrag der Verbände in Zusammenarbeit mit uns erhoben hat, sprechen wir von Abermillionen tätowierten Menschen in unserer Bevölkerung. Würde es eine besorgniserregende Unverträglichkeitsproblematik geben, seien dies Allergien, Abwehrreaktionen oder Ähnliches, so wüssten wir dies bereits. Wir würden diese Patienten sehen. Gleiches würde aus epidemiologischer Sicht, d.h. krankheitsstatistischer Sicht, für Folgekrankheiten gelten.

Auch hier gibt es keinen Anhalt dafür, dass Tätowierungen wirklich gefährlich sind. Es darf uns natürlich nicht dazu bringen, dass wir unaufmerksam werden und Gefahren einfach verneinen.

Dr. Mark Benecke:
Die Stiftung Warentest hat auch eine medizinische Stellungnahme publiziert, bei der es heißt, dass man ggf. größere Tattoos herausschneiden müsse und man Tätowierungen nicht mehr entfernen könne. Selbst Laser würden hier große Schwierigkeiten machen. Außerdem würden Tätowierungen häufig Narben – direkt beim Tätowieren – hinterlassen.

Dr. med. Klaus Hoffmann:
Ich habe das Interview bei Stiftung Warentest ebenfalls gelesen. Hier sind so viele Fehler beinhaltet, dass man nur auf die wesentlichen Punkte eingehen kann. Natürlich können wir heute, relativ schmerzfrei, mit modernsten Lasern Tätowierungen relativ gut angehen. Dazu kommen gerade diejenigen, die sehr große Tattoos haben, nicht. Diese sind damit natürlich zufrieden. Es kommen diejenigen, die kleine Tattoos haben und es sich nicht richtig überlegt haben. Gerade diese sind aber sehr gut zu entfernen. Es ist auch falsch, dass man hunderte verschiedene Laser braucht. Die Pico- und Nanosekundenlaser können das Pigment, völlig unabhängig von der Kernfarbe,  zerschmettern und es wird dann als Staub im Körper absorbiert.

Dass alle Tätowierungen Narben hinterlassen, ist eindeutig falsch. Genauso falsch ist es, dass man Farben, Narbenbildung oder Ähnliches, dann wenn sie klinisch von außen nicht sichtbar sind, mittels moderner bildgebender Technologien untersuchen kann. Natürlich geht das nicht, deswegen hat Stiftung Warentest ja die Farben im Labor untersuchen müssen. Das Problem ist, dass viel selbsternannte Experten unterwegs sind, die sich häufig nicht mit der Tiefe der Materie befasst haben oder über veraltete Technologien verfügen. Deshalb kommen auch solche Aussagen wie bei Stiftung Warentest zustande. Auf der anderen Seite – nehmen wir es mal positiv – die Diskussion ist eröffnet: Niemand will Schadstoffe in seiner Tätowierfarbe haben. Dass Nickel ein potentes Allergen ist, weiß jeder und der Neurodermitiker, das werden alle Tätowierer sehr leicht bestätigen können, ist nicht derjenige, der zum Tätowieren kommt. Der hat mit seiner Haut andere Sorgen.

Von daher gehen die „Warnhinweise“ von Stiftung Warentest aus meiner Sicht ins Leere.